Bei ATC-Prüfungen geschehen bekanntlich ab und an unvorhergesehene Dinge. So könnte beispielsweise die Piste blockiert sein - ärgerlich. Glücklich ist da, wer an einem Flughafen mit mehr als einer Landebahn lotst. Und besonders glücklich, falls die Pisten auch noch (wie in Düsseldorf, Tegel oder an vielen anderen Plätzen) so parallel liegen, dass Piloten eigentlich noch bequem während des Endanflugs die Piste wechseln könnten. Das Flugzeug schwingt einfach ein Stück nach links oder rechts und landet sicher auf der anderen, nicht blockierten Parallelpiste.

Swingover hört man häufig als Bezeichnung für dieses Verfahren, das ist aber lediglich umgangssprachlich. Formal gesehen ist so ein Swingover keine eigene Anflugart, sondern es handelt sich um einen normalen (wenn auch reichlich spät angeordneten) Sichtanflug. Aber wie funktioniert dieses Manöver denn nun genau und wie sage ich es dem Piloten?

Meistens wird ein Swingover vom Piloten angefragt. Die Zeit drückt und die Fluggesellschaft möchte teures Kerosin sparen. Welche Landebahn man nimmt, ist da durchaus von Relevanz - oder würdet ihr in Frankfurt nicht auch lieber auf der 25C statt auf der 25L landen, um so die Parkposition zu erreichen, ohne eine Piste überqueren zu müssen? Schließlich reduziert sich so die Rollzeit und ihr müsst nicht auf Lücken in der Bahnbelegung warten. Aber auch der Turmlotse kann Interesse am Swingover haben, falls beispielsweise - wie oben beschrieben - eine der beiden Parallelbahnen plötzlich blockiert oder (durch Vogelschlag, Teile auf der Bahn, ...) kurzfristig unsicher geworden ist. Jedes Durchstartmanöver verursacht Lärm- und Schadstoffemissionen. So hat nicht zuletzt auch die Bevölkerung einen Nutzen aus dem Swingover.

Voraussetzungen für ein Swingover

  • Die Bahnkonfiguration muss die sichere Durchführung des Manövers erlauben. So sollten die Bahnorientierungen insbesondere um nicht mehr als 30 ° abweichen. Alles andere wäre eher schon ein circle to land und macht ein ganz anderes Fass auf.
  • Das Flugzeug sollte noch mindestens 4 nm von der Schwelle entfernt sein und nicht unter 1000 ft AGL fliegen. Danach werden die Piloten die Bahn in der Regel nicht mehr wechseln, sondern lieber durchstarten.
  • Die Verkehrslage muss das Manöver zulassen - logisch.
  • Der Pilot muss mit dem Manöver einverstanden sein oder es selbst beantragen. Als Lotse solltet ihr also vorher fragen, ob der Pilot in der Lage ist, einen Swingover durchzuführen.
  • Und ganz wichtig: der Pilot muss die Piste in Sicht haben! Beim Swingover handelt es sich um einen Sichtanflug auf die Parallelpiste, er wird nicht mehr mit dem ILS geflogen. Niedrige Sichtweiten lassen das Manöver also nicht zu.


Funk

Hier ein Funkbeispiel. DLH123 fliegt auf das ILS 25L in Frankfurt an. Die Anfrage kommt vom Piloten.

A: Lufthansa 123, request visual approach runway 25C. (Viele Piloten fragen hier auch "request swingover 25C" und meinen dasselbe)
G: Lufthansa 123, cleared visual approach runway 25C. In case of missed approach, climb on runway track 5000ft.
A: (liest alles zurück)

Im zweiten Funkbeispiel kommt die Anweisung vom Turmlotsen:

G: Lufthansa 123, runway 25L is blocked due to debris on the runway. Are you able for visual approach runway 25C?
A: Affirm, Lufthansa 123.
G: Lufthansa 123, cleared visual approach runway 25C. In case of missed approach, climb on runway track 5000ft.
A: (liest zurück)

Ist dir aufgefallen, dass der Lotse ein Verfahren für den Fall eines Fehlanflugs angewiesen hat? Das ist notwendig - und wird auf IVAO leider gern vergessen. Sobald der Lotse die Freigabe für den Swingover ausgesprochen hat, befindet sich der Pilot nicht mehr auf dem ILS 25L. Er befindet sich aber auch nicht auf dem ILS 25C, sondern auf einem Sichtanflug 25C und für dieses Verfahren ist kein Fehlanflug definiert. Deshalb weist der Lotse ein eigenes an. Eine Möglichkeit, wie dies geschehen könnte, kannst du oben sehen. Der Turmlotse sollte vorher mit seinen Radarkollegen das Verfahren bei einem Swingover absprechen. Insbesondere bei einem Fehlanflug können sonst unangenehme Konflikte entstehen, wenn der Pilot ein Verfahren fliegt, mit dem der Radarlotse nicht gerechnet hat.