Eine Standard Instrument Departure (SID) ist - wie der Name schon sagt - eine standardisierte Abflugroute, die meist von IFR-Verkehr zum Abflug benutzt wird. Als veröffentlichtes, vermessenes Verfahren ermöglicht die SID Hindernisfreiheit und andere Sicherheitsfaktoren im Abflug. Oft (in "Zivil"-Deutschland immer) ist der Initial Climb fester Bestandteil einer SID.

Eine SID führt einen IFR-Flug in der Regel von einer Runway bis zum ersten Punkt in seiner Route und ist für Einfachheit und Verständlichkeit nach diesem Punkt benannt. Mit der Freigabe einer SID weiß man also in den meisten Fällen schon folgendes:

  • zu benutzende Piste ("departure runway")
  • erste Steigfreigabe ("initial climb")
  • Abflugroute (bzw. abweichende Anweisungen)

An den meisten Flughäfen gibt es pro Wegpunkt und Bahn genau eine Abflugroute. Das muss aber nicht immer der Fall sein, zum Beispiel hat Frankfurt sehr viele Abflugrouten pro Piste. Für viele Flughäfen stehen auf den Prozeduren-Seiten Listen mit Abflugrouten bereit, die den Lotsen das Arbeiten erleichtern. Wenn eine Liste in den Prozeduren nicht existiert, müssen die normalen Abflugkarten (siehe unten) herhalten. In wenigen Ausnahmefällen (z.B. in Tegel) können SIDs für mehrere Runways gelten. In solchen Fällen bekommt man die Piste aber entweder schon bei der Freigabe mitgeteilt, oder die zu erwartende Piste ist (bspw. aufgrund der ATIS) "offensichtlich".

Dabei muss nicht zwangsweise für eine Piste genau eine SID vorhanden sein. In Frankfurt gibt es z.B. bis zu 6 SIDs für eine Piste und einen Wegpunkt, die alle einen bestimmten Zweck erfüllen. Erklärungen dazu gibt es in den Karten oder den SID-Listen.

Praxisbeispiel

Wenn ein Pilot IFR von Stuttgart nach Ibiza möchte, hat er möglicherweise folgende Route geplant und angegeben:

ROTWE Y126 TUBLO N850 NATOR UN869 MILPA UN852 VERSO UL129 POS

Wenn in Stuttgart die Piste 25 in Betrieb ist, bekommt der Pilot bei der Streckenfreigabe im Regelfall also "ROTWE5B departure route" freigegeben. Bei Piste 07 wäre es ROTWE7H. Die Zahl 5 (bzw. 7) steht hierbei für die Aktualität. Vor der letzten Änderung an der SID hieß die Abflugroute also ROTWE4B (bzw. ROTWE6H).

Alle expliziten Anweisungen des Lotsen "überschreiben" eine Freigabe aus der SID. Die Anweisung "...via ROTWE5B, initial climb FL70..." gibt also eine neue Ersthöhe frei, lässt den Rest der Abflugroute aber unangetastet.
Wenn man die Luftstraßen mit Autobahnen vergleicht, dann wären die SIDs die Autobahnauffahrten.

SID-Karte

Deutsche SID chart

Die SID Karte ist die grafische und schriftliche Darstellung der Standard-Instrumentenabflugroute.

Sie zeigt uns zum einen, wie oben bereits erwähnt, die einzuhaltende Abflugroute grafisch, sowie das Ganze noch einmal in Textform. Dazu kommen noch wichtige Infos wie zum Beispiel Restriktionen, initial climb und die Frequenz, bei der man sich nach dem Start melden muss.

Als Beispiel nehmen wir uns die ROTWE5B SID in Stuttgart, Piste 25, vor.

Anhand der Grafik sehen wir, dass wir nach dem Takeoff erst einmal on runway heading fliegen. Wir fliegen Kurs 252° bis zum Erreichen von 16.0 DME STG. Danach geht es auf dem Radial 226 des LBU VOR (Kurs 226) weiter bis ROTWE. Der Punkt ROTWE ist hier zum einen als Koordinate gekennzeichnet, zum Anderen schneiden sich hier die Radiale 226 LBU und 243 STG. Man könnte also hier, anhand einer Kreuzpeilung, auch ohne GPS diesen Punkt bestimmen. Hat man ROTWE erreicht beginnt der eigentliche En-Route Part des Fluges.

Text-Variante einer deutschen SID chart

Nehmen wir uns nun mal die Textvariante vor.

Initial Climb auf deutschen SID charts

Hier sehen wir es etwas genauer. Auch hier sehen wir, dass wir auf dem Radial 252 STG bis 16.0 DME STG fliegen müssen. Es folgt eine Linkskurve (LT "Left Turn") um das Radial 226 LBU anzuschneiden bis ROTWE. Zusätzlich bekommen wir hier aber noch andere Infos. Wir müssen mit 245 ft/NM oder mehr bis 1900ft und mit 250ft/NM oder mehr bis 4000ft steigen.

Die Textform sagt uns auch den Initial climb, der ist hier 5000 ft. Sofern nichts anderes von ATC gesagt, steigen wir auf 5000 ft und leveln dort aus. Dazu, hier in Rot gekennzeichnet, sind wir aufgefordert, sofort nach dem Start Langen Radar auf 125.050 zu kontaktieren. Der Initial climb, sowie der Frequenzwechsel nach dem Start können je nach SID und ATIS-Remark des Lotsen abweichen. Lies also immer gewissenhaft die Charts und die ATS durch, bevor du eine SID abfliegst.

In den Remarks der Textchart, Punkt 5, steht an dieser Stelle noch ein paar Infos. So stehen hier Infos, warum wir mit welcher Mindestvertikalgeschwindigkeit steigen müssen. Dazu teilt uns die Karte hier noch mit, dass nur Jets über NATOR weiterfliegen dürfen. Fliegen wir also einen Turboprop, wie die ATR-72, dürfen wir also nicht über NATOR fliegen.

Es ist sehr empfehlenswert IMMER einen Blick in die SID-Karte zu werfen, noch bevor man überhaupt losrollt. Diese gibt einem viele, wichtige Infos. Dazu erleichtert sie einem Piloten das Leben sehr.


Vectored departure

Wenn ein Pilot aus irgendeinem Grund keine SID abfliegen möchte oder kann, dann requested er eine "vectored departure". Diese wird vom APP-Lotsen erteilt; das heißt, es muss vor der Freigabe am Boden mit dem APP koordiniert werden. Sie könnte etwa so aussehen:

Climb on RWY HDG 5000ft, when passing 3500ft proceed dct KRH.

Diese Anweisung ersetzt bei der Streckenfreigabe das Nennen der Abflugroute. Am Rest der Phrase ändert sich bei der IFR-Freigabe nichts.

Achtung: Da beim Ersetzen der SID durch die Vectored Departure möglicherweise vorhandene Voice-Handoffs entfallen, müssen Frequenzwechsel zum Radarlotsen gegebenenfalls aktiv angewiesen werden.

Hinweis für APP-Controller: Der erste Turn (weg vom Runwayheading) darf frühestens auf der MVA erfolgen!